Bewegung macht zufrieden

Dass körperliche Aktivität gut ist gegen Herz-Kreislauf-Krankheiten, ist seit langem bekannt. Nun gibt es Studien, die zum Schluss kommen, Sport wirke gleichermassen gegen eine Depression wie ein Antidepressivum. Eine Depression allein mit Sport zu behandeln, ist fahrlässig. Bewegung als präventive oder zusätzliche Massnahme ist jedoch sehr empfehlenswert.  

Die gesundheitsfördernde Wirkung von Sport ist unbestritten. Es ist erwiesen, dass körperliche Aktivität auch einen positiven Einfluss auf unsere geistigen Fähigkeiten ausübt und emotionale Störungen wie Ängste und Depressionen mindern kann.

Geistige Fähigkeiten erhalten
Bewegung bringt unsere Gedanken in Fluss und weckt unseren Geist. Warum das so ist, wissen die Hirnforscher bis heute nicht genau. Man vermutet, dass die positive Wirkung darauf zurückzuführen ist, dass das Gehirn stärker durchblutet wird, wenn wir uns körperlich betätigen. Es wird besser mit Sauerstoff und Energie versorgt, wir fühlen uns wacher und können uns vorübergehend besser konzentrieren. Ulmer Forscher* gehen davon aus, dass regelmässige körperliche Aktivität unseren Hormonhaushalt dauerhaft beeinflusst, weil sie den Abbau des Botenstoffes Dopamin verlangsamt. Dopamin wird unter anderem für wichtige kognitive Prozesse im präfrontalen Kortex gebraucht. Sinkt der Dopaminspiegel, lassen Aufmerksamkeit, Konzentration und andere geistige Fähigkeiten nach. Andere Studien stützen die These, dass Sport die Plastizität des Gehirns vergrössert. Bei körperlicher Anstrengung setzt der Körper Neurotrophine frei. Das sind Stoffe, die der Körper braucht, um Nervenzellen zu bilden und neue Verbindungen zwischen bestehenden Nervenzellen zu knüpfen.

Bewegung hellt die Stimmung auf
Eine umfassende Analyse** hat 39 Studien mit insgesamt 2326 Teilnehmenden ausgewertet, bei denen eine Depression diagnostiziert worden war: Die Trainingsgruppen zeigten im Vergleich zu anderen Gruppen positive Effekte. Die stimmungsaufhellende Wirkung der körperlichen Aktivität auf das seelische Wohlbefinden erklären Experten einerseits durch die vermehrte Freisetzung von Botenstoffen im Gehirn, die sich positiv auf die Stimmung auswirken. Andererseits auf die verminderte Freisetzung von Botenstoffen des Immunsystems, denen eine negative Wirkung auf Depressionssymptome zugeschrieben wird.
Darüber hinaus mache das Erreichen von selbstgesteckten Zielen – auch kleinen – zufrieden. Die positiven Auswirkungen des Sports auf Figur und körperliche Fitness könne auch zu mehr Selbstvertrauen führen, erklären Wissenschaftler der Mayo Clinic in Rochester in einem Ratgeber für Betroffene. Beim Sport werde ausserdem das Karussell negativer Gedanken gestoppt, das vielen Depressionserkrankten zu schaffen macht. Und nicht zuletzt bieten viele sportliche Aktivitäten die Gelegenheit zu sozialem Kontakt und Austausch.

Am sinnvollsten ist Ausdauersport
Wie zur Vorbeugung von Herz- Kreislauf-Erkrankungen ist es am effektivsten, drei- bis viermal pro Woche 30 bis 60 Minuten Sport zu treiben. Empfohlen wird ein moderates Ausdauertraining wie Joggen, Schwimmen oder Radfahren. Die gleichbleibenden, rhythmischen Bewegungen haben anscheinend einen positiven Effekt auf die Psyche. Nach einem längeren Lauf werden Probleme plötzlich nicht mehr ganz so negativ wahrgenommen wie vorher, obwohl sich objektiv an der Situation nichts geändert hat.
Die Frage, warum Sport gut tut, ist zwar wissenschaftlich noch nicht eindeutig beantwortet. Dass er gut tut, bleibt unbestritten. Man sollte sich daher persönlich besser die Frage stellen, warum man nicht mehr Sport treibt, wenn man weiss, dass er einem gut tut.

Teil der Behandlung
Sport und Bewegungstherapie wird im Psychiatriezentrum Münsingen nebst psychotherapeutischer und medikamentöser Behandlung bei den meisten Krankheitsbilder eingesetzt. Dr. med. Oliver Cloot, Oberarzt der Integrierten Depressionsbehandlung Münsingen rät: «Seien Sie körperlich aktiv. Bewegung ist antidepressiv und hilft Ihnen dabei, wieder Ihr Gleichgewicht zu finden. Es ist wie beim Fahrradfahren: Um die Balance zu halten, müssen wir uns bewegen.»  

Mai 2018
©PZM Psychiatriezentrum Münsingen AG

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Quellen:

*Mirko Wegner, Ingo Helmich, Sergio Machado, Antonio Eidio Nardi, Oskar Arias-Carrión and Hennig Budde.
Effects of Exercise on Anxiety and Depression Disorders; Review of Meta-Analyses and Neuobiological Mechanisms. CNS & Neurological Disorders – Drug Targets. 2014
**Cochrane Database of Systematic Reviews 2013, 9. DOI: 10.1002/14651858.CD004366.pub6; Mayo Clinic Rochester)www.zeit.de
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